Das 4-Ohren-Modell: Missverständnisse in der Kommunikation

Das 4-Ohren-Modell, auch 4-Seiten-Modell oder Kommunikationsquadrat genannt, ist ein kommunikationspsychologisches Modell, das von Friedemann Schulz von Thun entwickelt wurde. Es beschreibt, auf welche Weise die Kommunikation zwischen einzelnen Personen durch Missverständnisse gestört werden kann.

Jede Kommunikation erzeugt gewollte und ungewollte Botschaften, die wir mitunter nicht bewusst beeinflussen. Schulz von Thun beschreibt vier Aspekte, mit denen eine Nachricht interpretiert werden kann.

  • Auf der Sachebene werden bloße Fakten wiedergegeben. Diese werden beispielsweise mit den Kriterien wahr/falsch oder relevant/irrelevant beurteilt.
  • Die Selbstkundgabe lässt Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Senders zu. Dieser kann (ungewollt) durch seine Nachricht bestimmte Gefühle oder Stimmungen offenbaren.
  • Auf der Beziehungsseite werden Hinweise bezüglich der Beziehung von Sender und Empfänger offengelegt.
  • Mit der Appellseite versucht der Sender, auf den Empfänger Einfluss zu nehmen. Hier können sich Handlungsanweisungen, Apelle oder Aufforderungen zeigen.

Sowohl Sender als auch Empfänger können eine Nachricht aufgrund dieser vier Aspekte beurteilen. Der Sender kommuniziert über vier verschiedene Kanäle und der Empfänger hört über vier Ohren. Da lediglich die Sachebene in beiden Fällen identisch ist, birgt eine Kommunikation viele Möglichkeiten, Missverständnisse zu erzeugen.

In der Selbstkundgabe finden sich Parallelen zum Konzept der Ich-Botschaft von Thomas Gordon.

Beispiel: Das Ehepaar am Esstisch

Ein Beispiel, das Schulz von Thun zur Veranschaulichung des 4-Ohren-Prinzips heranzieht, ist das Folgende:

Ein Ehepaar sitzt gemeinsam am Tisch beim Abendessen. Die Frau hat eine Soße gekocht, in welcher der Mann grüne Kapern entdeckt und daraufhin den Satz äußert: „Da ist etwas Grünes in der Soße.“ Die Nachricht kann für den Mann folgendermaßen gedeutet werden:

  • Sachebene: „Da ist etwas Grünes.“
  • Selbstkundgabe: „Ich kenne diese Zutat nicht.“
  • Beziehungsseite: „Du wirst schon wissen, was das ist.“
  • Appellseite: „Sag mir, was das ist!“

Vonseiten der Frau kann der Satz unter einzelnen Aspekten anders aufgefasst werden:

  • Sachebene: „Da ist etwas Grünes.“
  • Selbstkundgabe: „Das Essen schmeckt mir nicht.“
  • Beziehungsseite: „Du kannst nicht kochen.“
  • Appellseite: „Koche in Zukunft etwas anderes!“

Je nachdem, wie die Frau die Nachricht auffasst, kann sie nun unterschiedlich reagieren. Im Falle einer idealen Kommunikation (die nicht die Regel ist) würde sie die Botschaft genauso auffassen, wie es ihr Mann gemeint hat und entsprechend antworten. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass sie gereizt reagiert und etwas sagt, wie: „Wenn es dir bei mir nicht schmeckt, dann kannst du ja woanders essen gehen!“

Das 4-Ohren-Modell zu verstehen hilft dabei, während der Kommunikation Missverständnisse zu vermeiden. Auf diese Weise wird auch die Konfliktlösung, beispielsweise während einer Mediation, vereinfacht.